Keiner spricht mehr über Burnout. Am Anfang wollte es keiner haben, dann hatten es alle und dann war es plötzlich weg. Nicht wirklich weg, nur einfach verschwunden aus dem täglichen Diskurs. Wir hatten die totale Erschöpfung nicht besiegt, sondern einfach akzeptiert, dass sie ein Teil unseres Lebens ist, den wir nicht wegdebattieren können. Menschen überfordern sich.
Seit Anbeginn. Ob Noah seine Arche baute und zusammenbrach oder ein junger Start-up-Gründer 24/7 arbeitet und vor seinem Mac wegklappt. Wir haben den Burnout still und leise als Teil von uns akzeptiert. Das ist ungefähr so, als habe man bei seinem Auto den regelmäßigen Kolbenfresser akzeptiert. Weil man stoisch nie für Wasser, Öl und Fahrpausen sorgt. Als hätte man das ganze Armaturenbrett zugeklebt, um ja nicht die Warn-Lämpchen zu sehen, ignorieren wir auch die Warn-Lämpchen in uns. Das Herz, die Haut, der Magen – alles meldet sich hilfeschreiend und wir hören weg. Wir sind unser eigenes weinendes Kind und halten uns brutal die Ohren zu.
Oder: hören uns! Sehen die Zeichen. Achten sie. Achten uns. Immer. Und erreichen ein Level, das uns glücklich macht. Unseren eigenen Heaven. Der mit der richtigen Selbstfürsorge täglich greifbar ist.
Wenn Max Verstappen in seinem Red Bull-Formel 1-Geschoss richtig Gas gibt, dann kann auch er das nicht unbegrenzt tun. 380 Stundenkilometer, dann ist Schluss. Egal wie sehr er noch aufs Gas drückt. Sein Motor ist nach oben hin abgeriegelt. Wenn ein App-Entwickler in seinem Office die zehnte Nacht hintereinander durcharbeitet, kann er auch noch eine elfte dranhängen. In seinem Lebensmotor ist nichts abgeriegelt. Es geht vom Gasgeben direkt in den Kollaps. Mit 1000 Warn-Symptomen seines Körpers. Aber eben nicht mit dem ultimativen schützenden Stopp, dem sich selbst ein Formel1-Fahrer zu beugen hat.
Auch Rennwagen machen mal Pause – natürlich in Weltrekordzeit! © Credit: Nascar 2017 by Creative Commons CC0. is licensed under Creative Commons Attribution 4.0 International
Aber es hat sich ja schon viel getan bei uns. Ja, wir haben den Burnout irgendwie akzeptiert. Aber wir haben auch längst die Work-Life-Balance in unser Leben gelassen. Und noch besser: Die Generationen Z und Alpha regeln die Dinge rund um Überstunden und Arbeitszeiten anders. Sie scheinen aus den Herzinfarkten und Zusammenbrüchen ihrer Eltern gelernt zu haben. Mehr noch, sie haben als Kinder und Jugendliche nichts uncooler gefunden, als den ständig nachts aus dem Büro kommenden, dauernd am Handy hängenden, sich am Wochenende im Arbeitszimmer verschanzenden Vater. Oder gar nicht Anwesenden, weil dauernd im Flieger nach sonst wo. Das war nicht nur doof, weil Daddy keine Zeit und keine Nerven hatte und dauernd Tabletten fraß. Das war auch old. Mega old. Oldschool. Man selbst ist die neue Schule. Und die zeigt ein anderes Bild. Wer als 80er, 90er Werbecreativer heute gegen 19.00 in eine Agentur geht, wundert sich: keiner mehr da. Alle haben Feierabend gemacht. Oder waren gar nicht erst da und sind im Homeoffice geblieben.
Es ruft auch kein Kunde mehr an jetzt. Der hat mit seinem Team nämlich ebenfalls Feierabend gemacht. Malochen bis 22 Uhr und länger ist out. Es ist kein Zeichen mehr für Fleiß und Ehrgeiz, es ist heute ein Zeichen für Unstrukturiert- und Blödheit. Gute Nachrichten! Erzählen sie doch von einem wichtigen evolutionären Schritt.
Vom Überarbeitungs-Neandertal in eine neue Zeit.
18.45 Uhr und schon alle weg. Und das ist gut so.
Das Wichtige an dieser neuen Zeit ist, dass auch die neue Generation, genau wie alle anderen auch, weiter auf sich aufpassen müssen. Der Ehrgeiz und der Hang zur Selbst-Überforderung lauert in uns allen. Und er tut das, weil er zu uns gehört. Weil er seine wichtigen Funktionen hat. Weil es wichtig ist, dass wir über uns selbst hinauswachsen können. Nur eben nicht von Mo. bis So.
Sondern als klug dosierter Turbo der taktisch eingesetzt wird. Und danach wieder eingepackt wird. Und das ist das Geheimnis. Der richtige Rhythmus. Der glückliche Tanz mit unseren Ressourcen.
Auf unsere Kräfte zu achten, ist ein wunderschöner Weg, sich selbst nahezukommen. Es geht darum, die Zuwendung nach Außen, in das, was das Leben gerade aktuell von einem will, in eine Zuwendung nach innen zu drehen.
Zu sagen, liebe Welt, du musst mal ganz kurz ohne mich auskommen, ich muss mal nach mir selbst schauen.
Träumen, sich fühlen – man kann gar nicht früh genug damit anfangen.
Allein schon über die Idee, den Impuls, wird sich ihr Körper und Spirit freuen. Sie sind wie ein Tanker, auf allen Weltmeeren unterwegs und sie schauen einfach mal unten bei ihrem Maschinenraum vorbei. Ihr wichtigster Raum!
Allein schon über Ihr Erscheinen werden sich die Jungs da unten – Herz, Lunge, Niere, Darm, Magen, Milz und wie sie alle heißen – unglaublich freuen.
Weil sie ihre Aufmerksamkeit bekommen, weil sie Signale abgeben können, sagen, wie es ihnen geht. Und Sie gehen wieder nach oben und handeln entsprechend, stellen sich drauf ein. Machen langsamer, machen Pause oder machen weiter. Aber mit der Sicherheit, dass sie sich gerade nicht ausbeuten.
Das klingt so einfach, na klar. Und ist in jedem einzelnen Tag immer wieder eine Herausforderung. Aber wenn wir sie meistern, gewinnen wir das Leben.
Um uns zu solche einem Gewinner zu machen, brauchen wir Strategien.
Und die finden wir nicht auf der Straße oder in Lehrbüchern, die finden wir in uns selbst. Der erste Punkt dieser Strategie ist die feste Gewissheit, dass wir selber viel Wert sind. Ich bin einzigartig, so etwas wie mich gibt es nur einmal auf der Welt, ich bin viel wert. Menschen sind wie Schneeflocken – jeder Mensch ist ein Unikat.
1 Schneeflocke – über 1 Milliarde Verwandte! Und keine ist wie die andere.
So etwas wie sie gab es nicht in Millionen Jahren zuvor und wird es in Millionen Jahren nie wieder geben. Ein Schöpfungs-Meisterwerk mit so unglaublichen Funktionen, bei der KI auch in Hunderten von Jahren staunend den Kopf schütteln wird. Ihre Existenz ist ein Wunder.
Und dieses Wunder hetzen wir in U-Bahnen, durch Airports, in Meetings, in Telkos, in Zooms, in Wochenendarbeit und so weiter. Wir stressen es mit Gartenarbeit, ambitionierten Hobbys, aufwendigen Reisen, Häuserbau, Aktienkäufen. Und – ganz wichtig – all diese Dinge sind ja auch schöne Dinge, die das Leben voll und glücklich machen können. Wenn ich nicht ihren Wert gegen meinen eigenen eintausche, über meinen eigenen stelle. Wenn ich der Spielmacher bleibe, der die Kräfte seines Teams klug und mit Verantwortung einteilt. Wenn ich meinen Wert achte. Und das ist unsere schönste, wichtigste und Lebens-längste Aufgabe. Wir sind unser lebenslanges Kind. Und wenn wir es richtig behandeln, wird uns dieses Kind ganz viel zurückgeben.
Wie erreichen wir dieses Ideal? Oder wie kommen wir ihm möglichst nahe?
Das erfordert immer wieder bewussten Umgang mit sich selbst. Das wird niemals zur Routine. Aber gerade das ist gut. Denn dadurch, dass man immer wieder aufs Neue in sich hineinhorchen muss, sich berufen muss, bei sich zu sein, sich selbst zu fühlen, schärft sich nicht das herkömmliche oder durch Status-Kriterien angereicherte, sondern das wahre Selbstbewusstsein:
Sich seiner selbst bewusst sein.
Wissen, wer man ist, was man kann, was man nicht kann, was einen liebenswert, was einen schwierig, was einen verletzt, was einen freut und was einen als ganzen Menschen ausmacht.
Wenn man seinem inneren Selbst, seinen unverzichtbaren Helden im Maschinenraum die Hand reicht und ihnen eine bestimmende Rolle in seinem Leben zuweist, ist man auf dem Weg ins Glück. Jeden Tag. Denn man hält durch sich selbst Grenzen setzen nichts zurück, man hält sich in seiner Entwicklung nicht auf. Sondern man lenkt sich um. Man gelangt an eine von sich gesetzte Grenze – erkannt und aufgestellt durch ein geschultes, mit der Zeit wertvoll geübtes Hineinhören in sich selbst – auf einen anderen, besseren Weg. Zum Besten, was man hat: sich.
Also verpasst man nichts durch Abkehr vom Außen, man gewinnt vielmehr etwas dazu: neues wertvolles Terrain in dem spannendsten Universum, das es gibt: unser eigenes. Unser Wesen, unser Spirit, unsere in uns zu entdeckenden Möglichkeiten. Sie sind da.
Und wenn wir ihnen Zeit schenken, schenken sie uns überraschend Großartiges zurück.
Indem wir diese Schutzmaßnahmen – Reduzierung von Arbeit, Herunterfahren von Social-Media-Aktivitäten, Dosierung von Verabredungen, von Einladungen, von Ausgehen und Feiern – nicht als Einschränkung sehen, nicht als Subtraktion, sondern als Zugewinn anderer Parts von mir.
Ich verschiebe Glück! Von außen nach innen. Dahin, wo meine Kraft produziert und geregelt und verwaltet wird. Das Außen gibt mir nur Kraft, wenn mein Innen mit dem, was von da draußen einströmt, etwas anfangen kann. Da heißt es ein guter Türsteher zu sein: Darf das rein? Ist das gut für mich, bringt mich das weiter, bereichert mich das, macht mich das fröhlich? Und: Wie dringlich ist es wirklich? Hat es Priorität?