Ich erinnere mich noch gut an das erste Mal, als ich vor etwa drei Jahren von NFTs hörte. Ich war auf einer Dinnerparty eines befreundeten Künstlers. Unter den Gästen waren andere Kunstbegeisterte wie ich und ein ernsthafter Kunstsammler. Der Gastgeber, ein Freund von mir, der für seine Ölgemälde bekannt ist, beklagte sich über die digitale Übernahme der Kunstwelt. Mit einem dramatischen Seufzer erklärte er: „Ein Typ hat gerade ein Bild eines digital generierten Affen für mehr Geld verkauft, als ich in einem Jahrzehnt verdient habe!“ Der Abend endete sehr spät, da wir uns in der hitzigen Diskussion über die Vor- und Nachteile dieser neuen Entwicklung fast an die Kehle gingen. So unterschiedlich waren die Meinungen zu diesem neuen Trend. Wir verließen die Party ziemlich betrunken aber das Thema blieb in meinem Hinterkopf. An diesem Abend wurde mir klar, dass die Kunstwelt einen tektonischen Wandel durchmacht und es an der Zeit war, tiefer in diese neue Welt der NFTs, der künstlichen Intelligenz, des Metaversums, Bitcoins, Blockchains und was es da sonst noch alles gibt, einzutauchen.

NFTs, nicht-fungible Tokens, haben die Kunstszene wie ein Rockstar auf Tour gestürmt. Diese digitalen Assets, die über Blockchain-Technologie einzigartig und überprüfbar sind, haben die traditionellen Vorstellungen von Besitz und Wert auf den Kopf gestellt. Kunst ist nicht länger auf physische Leinwände beschränkt, sondern hat ein neues Zuhause, auch im Cyberspace gefunden.

Der digitale Affe, auf den sich mein Freund bezog, war Teil des Bored Ape Yacht Club (BAYC), einer Sammlung einzigartiger Cartoon-Affen, die zu einem kulturellen Phänomen geworden sind und bei Auktionen Millionen von Dollar einbrachten. Aber lassen Sie uns zurückspulen und erkunden, wie wir hierher gekommen sind.

Künstliche Intelligenz hat sich seit Jahren in die Kunstwelt eingeschlichen, aber erst kürzlich begann sie, bedeutende Fortschritte zu machen. KI-generierte Kunst, die von Algorithmen erstellt wird, hat unser Verständnis von Kreativität herausgefordert. Ein berühmtes Beispiel ist „Edmond de Belamy“, ein Porträt, das von dem Pariser Kollektiv Obvious mit einem GAN (Generative Adversarial Network) generiert wurde. Als es 2018 bei Christie’s für unglaubliche 432.500 Dollar verkauft wurde, hielt die Kunstwelt den Atem an. Dieser Verkauf war mehr als nur eine Transaktion; es war der Moment, wo KI in der Kunst angekommen war.

KI kann riesige Datensätze bestehender Kunstwerke analysieren, Stile und Techniken erlernen und dann etwas völlig Neues schaffen. Es ist, als hätte man einen Kunststudenten mit dem kombinierten Wissen aller großen Meister zur Verfügung. Aber ist das dann Kunst? Die Puristen argumentieren, dass Kreativität inhärent menschlich ist, ein Ausdruck der Seele. Die Pragmatiker sehen KI als Werkzeug, nicht anders als einen Pinsel oder Meißel, wenn auch ein hochentwickeltes.

NFTs wurden schnell zum neuesten Liebling des digitalen Zeitalters. NFTs bieten eine Möglichkeit, ein Stück der digitalen Landschaft zu besitzen und den Besitz und die Authentizität an einem Medium zu sichern, das anfällig für Kopien und Piraterie ist. Der Bored Ape Yacht Club ist vielleicht das außergewöhnlichste Beispiel. Der Bored Ape Yacht Club (BAYC) ist eine Sammlung von 10.000 einzigartigen NFT-Avataren, die von Yuga Labs erstellt wurden. Jeder Bored Ape Affe wird algorithmisch aus einer Kombination von Merkmalen wie Fellfarbe, Gesichtsausdrücken, Kleidung und Accessoires generiert. Das Projekt erregte erhebliche Aufmerksamkeit aufgrund seiner Mischung aus Kunst, Club Membership und Exklusivität. Der Besitz eines Bored Ape NFT gewährt Zugang zu exklusiven Vorteilen. Hierin liegt seine absolute Einzigartigkeit und sein Erfolg. Der Hype um BAYC erreichte Mitte 2021 seinen Höhepunkt, angetrieben von mehreren Faktoren. Die Bored Apes sind mehr als nur Bilder; sie sind Mitgliedskarten für einen exklusiven Club (in dem unter anderen Paris Hilton, Snoop Dog oder Jimmy Fallon Eigentümer von bored apes sind), der Vorteile wie private Online-Räume, persönliche Veranstaltungen und kollaborative Projekte bietet. Es ist eine Mischung die Mischung aus Kunst, Exklusivität, Club-Gemeinschaft und Investition, die den facettenreichen Wert von NFTs widerspiegelt. Kurz gesagt – diese Affen haben eine neue Form von Statussymbol im digitalen Raum geschaffen. Einen zu besitzen ist vergleichbar mit einem Picasso im Wohnzimmer, aber stattdessen ist es ein Avatar auf Ihrem Social-Media-Profil.

Dieses neue Modell lässt Künstler, Galerien und Auktionshäuser ihre Herangehensweise an Künstlerische Kreation und Vertrieb überdenken. Warum sich damit zufriedengeben, ein physisches Gemälde einmal zu verkaufen, wenn man ein digitales Werk verkaufen kann, das global gehandelt werden kann und bei jedem Besitzerwechsel einen Teil des Wiederverkaufswerts zurückbringt? Allerdings wird der NFT-Bereich oft mit dem Wilden Westen verglichen – wo über Nacht Vermögen gemacht und verloren werden. Einzigartige Erfolgsgeschichten gibt es zuhauf, wie die von Beeple, einem digitalen Künstler, der im März 2021 ein NFT für 69,3 Millionen Dollar bei Christie’s verkaufte. Sein Werk „Everydays: The First 5000 Days“ ist eine Collage aus digitalen Bildern, die er über 13 Jahre hinweg erstellt hat. Es ist ein Zeugnis für das Potenzial von NFTs, aber auch ein Spiegelbild ihrer Volatilität. Der Markt kann so unvorhersehbar sein, wie er lukrativ ist.

Doch mit großen Chancen gehen auch große Risiken einher. Der NFT-Boom hat nicht nur Künstler und Sammler angezogen, sondern auch Betrüger und Opportunisten. Die dezentrale Natur der Blockchain-Technologie bedeutet, dass Transaktionen zwar sicher, aber auch irreversibel sind. Fehler können kostspielig sein, und die Lernkurve ist steil.

Mitten in dieser digitalen Revolution finden auch traditionelle Künstler Wege, die physischen und digitalen Welten miteinander zu verschmelzen. Damien Hirst, der britische Provokateur, bekannt für seine Dot-Paintings und in Formaldehyd konservierten Tiere, wagte sich mit „The Currency“, einem Projekt in Zusammenarbeit mit HENI, einer international renommierten Kunstplattform vornehmlich für Editionen, in die NFTs. „The Currency“ besteht aus 10.000 einzigartigen handgemalten Punktarbeiten, die jeweils einem NFT entsprechen. Sammlern wurde die Wahl gegeben: das NFT behalten oder es gegen das physische Gemälde eintauschen. Das nicht ausgewählte Gegenstück würde zerstört, was zu einer Entscheidung führt, die das Digitale mit dem „Echten, Greifbaren“ auf eine tief konzeptionelle Weise verbindet.

Das Konzept von NFTs hat zuerst auch eine besonders faszinierende Anwendung im Metaverse gefunden, einem virtuellen Raum, in dem Benutzer interagieren, sozialisieren und digitale Vermögenswerte handeln können. Das Metaverse erweitert die Idee von NFTs über bloße Sammlerstücke hinaus zu funktionalen Gegenständen in einer virtuellen Welt. Aber auch dieser Hype hat sich etwas abgekühlt.

Ein bemerkenswertes Beispiel jedoch ist die virtuelle Welt, die von Sotheby’s geschaffen wurde und im Oktober 2021 ihr eigenes Metauniversum startete. Dies stellt einen der bedeutendsten Schritte dar, die ein traditionelles Auktionshaus in die digitale Welt unternommen hat. Sotheby’s Metaverse funktioniert ähnlich wie das traditionelle Auktionshaus, aber mit einem Fokus auf digitale Vermögenswerte. Die Plattform hostet kuratierte NFT-Verkäufe und zeigt Werke führender digitaler Künstler und neuer Schöpfer. Jedes NFT wird durch Blockchain-Technologie abgesichert, was seine Authentizität und seinen Besitz garantiert. Die Plattform akzeptiert Kryptowährungszahlungen und richtet sich damit nach den Vorlieben vieler NFT-Sammler. Das Design der Plattform spiegelt die physischen Galerien von Sotheby’s wider und schafft eine vertraute, aber innovative Erfahrung für die Benutzer. Besucher können durch verschiedene Räume navigieren, detaillierte Informationen zu jedem Kunstwerk einsehen und an Live-Auktionen teilnehmen.

Während der anfängliche Hype deutlich nachgelassen hat, bleibt Sotheby’s Metaverse ein bedeutender Akteur im digitalen Kunstmarkt. Die Plattform hat sich den Marktschwankungen angepasst, indem sie sich auf Qualität und Exklusivität konzentriert und ernsthafte Sammler und Investoren anzieht. Die kuratierte Natur der Auktionen stellt sicher, dass nur hochwertige und künstlerisch bedeutende Werke präsentiert werden, was das Interesse und Engagement der Kunstgemeinschaft aufrechterhält. Sotheby’s Metaverse bleibt ein wegweisender Versuch, traditionelle Kunstauktionspraktiken mit modernster digitaler Technologie zu integrieren. Trotz der allgemeinen Volatilität des NFT-Marktes bieten der Ruf von Sotheby’s und seine Expertise in der Kuration eine stabile Grundlage für seine Metaverse-Plattform. Der Erfolg der Plattform liegt in ihrer Fähigkeit, die bewährten Praktiken des traditionellen Kunsthandels mit dem innovativen Potenzial digitaler Vermögenswerte zu verbinden.

Während all das ziemlich faszinierend klingt, möchte ich unbedingt auch eine Warnung aussprechen. Obwohl der NFT-Markt seine Triumphe hatte, ist er nicht ohne erhebliche Fallstricke. Der Markt für NFTs und Kryptowährungen hat extreme Volatilität gezeigt, wobei viele Projekte ihre Versprechen nicht einhalten konnten. Die Boom-und-Bust-Zyklen haben einigen Investoren erhebliche Verluste beschert. Diese Unvorhersehbarkeit erfordert Vorsicht. NFTs sind eine spekulative Investition, die Marktstimmungen und Schwankungen unterliegen und nicht von intrinsischem Wert sind. Zudem hat der Einfluss auf die Umwelt der Blockchain-Technologie, insbesondere die energieintensiven Prozesse, die für das Minting von NFTs erforderlich sind, Kritik hervorgerufen.

Trotz des Reizes von Neuheit der NFTs behält die traditionelle Kunst eine unersetzliche reelle Wahrhaftigkeit. Die taktile Erfahrung eines physischen Gemäldes, die Nuancen der Textur und die Hand des Künstlers schaffen eine Verbindung, die digitale Kunst nur schwer nachahmen kann. Echte, greifbare Kunst ist in unserer Geschichte, Kontext und menschlicher Berührung verwurzelt – Elemente, die in einer digitalen Datei nicht vollständig erfasst werden können. Darüber hinaus verleihen die institutionellen Rahmenbedingungen des Kunstmarktes – Museen, Galerien und Akademien – eine Legitimität und Gravitas, die NFTs noch zu erreichen versuchen. Diese Institutionen kuratieren und bewahren Kunst, wodurch ihre kulturelle und historische Bedeutung über Markttrends hinaus Bestand hat.

Die Kunstwelt steht aus meiner Sicht an einem Scheideweg. Auf der einen Seite haben wir Jahrhunderte von Tradition, Technik und taktiler Erfahrung. Auf der anderen Seite haben wir eine sich schnell entwickelnde digitale Landschaft, die neue Wege bietet, Kunst zu schaffen, zu teilen und zu besitzen. Der Schlüssel liegt im Gleichgewicht. Künstliche Intelligenz oder NFTs sind keine Bedrohungen für die traditionelle Kunst, sondern bestenfalls Erweiterungen davon, die neue Möglichkeiten eröffnen.

Während ich meine Recherchen abschließe und über den sich ständig weiterentwickelnden Zeitgeist nachdenke, kann ich nicht umhin, trotzdem eine leichte Besorgnis zu verspüren. Vielleicht liegt es an meinem Alter, dass ich immer noch eher für „greifbare Kunst“ die ich an meine Wände hängen kann, stehe. Dennoch ist die Kunstwelt voller Innovation, die das Alte und das Neue vereint, der so zeitlos ist wie die Kunst selbst. Also, das nächste Mal, wenn Sie von einem Affen hören, der für Millionen verkauft wird, oder von einem KI-geschaffenen Kunstwerk, das ein Vermögen einbringt, denken Sie daran, dass wir Geschichte miterleben – ein Zeugnis für die endlose Kreativität der Menschheit, jetzt verstärkt durch Technologie.

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