Als die Bauarbeiten begannen, dachte Las Vegas an einen Scherz. Alles war doch jahrelang nur ein Gerücht. Und nun sollte das alles wahr werden? Und: Kamen da wirklich Bauarbeiter? Oder waren das Außerirdische? The Sphere hat auf unserer Erde aufgesetzt, der unfassbare Entertainment-Planet mitten in Nevada. Wir werden hinreisen. Jetzt.
Wenn man mit 8 Jahren morgens um 4 Uhr von den Eltern aus dem Bett gerissen wurde, zum Fernseher taumelte, nicht fassen konnte, dass das Versprechen, einen zu wecken, tatsächlich gehalten wurde, und dann auf den Bildschirm starrte und nichts sah außer durchlaufenden Streifen und nur diese amerikanische Stimme hörte, war man an diesem 16. Juli 1969 in seinem Fred-Feuerstein-Pyjama in einem unglaublichen Moment: barfuß, die zusätzliche Wolldecke und zur Sicherheit ein Sofakissen an sich gepresst, landete man mit auf dem Mond. Mit Neil. One big step for mankind. And for me, the little boy. Eine neue Dimension.
Und jetzt, erst 54 Jahre später, ist es wieder so weit. Mit einem riesigen Unterschied: Damals, 1969, flogen wir der Zukunft mit 35.000 km/h – in Worten: fünfunddreißigtausend Stundenkilometern – entgegen.
Jetzt ist sie zu uns gekommen. The Sphere ist da. Ist gelandet. Als Planet auf unserem Planeten. Dort, wo die dunkle Nevada-Wüste plötzlich so hell und grell wird, in Las Vegas. Apple und der Mac und das iPhone und das Internet und die gesamte digitale Revolution sind nur Vorboten dieser Wucht, dieser Außerordentlichkeit. Mehr nicht. Sie waren und sind das Ergebnis einer technischen Evolutionskette, bei deren Entwicklung man zuschauen und mitmachen konnte. Staunend und verwundert zwar, als das Nokia-Klapphandy einem Phone mit Apfel-Logo wich, das mehr konnte als der eigene PC, aber nachvollziehend und mitgehend. Man wurde mit-modernisiert, man war ein Upload. The Sphere, die unbegreiflich große Kugel, die bis zu zwei Dritteln aus der Erde in den Himmel ragt, ist keine Evolution. Sie hat keinen Weg des Mit-Wachsens angeboten. Sie kannte nur ihren Weg: In der Welt aufschlagen, da sein und uns zu neuen Definitionen auffordern.
Ein Planet ist gelandet – die größte Kugel der Welt ist da! © Credit: 2023 by James Marvin Phelps is licensed under CC BY 4.0
Als Bono Vox, Sänger der irischen Rockband U2, zum ersten Mal das Innere der Kugel betrat, um sich den Ort anzuschauen, den er und seine Bandkollegen mit 25 Auftritten in Folge eröffnen und einweihen sollten, sagte er kein Wort.
Und als The Edge, Adam Clayton und Larry Mullen stumm waren, wie so oft, weil ja ihr Leadsänger wie immer das Reden übernehmen würde und selbst nach 25 Minuten noch nichts kam, wagte The Edge ein: ‚Bono, was ist los?‘.
Und jetzt sagte Bono zum ersten Mal etwas. Er sagte: „Seid ihr sicher, dass wir das Ding schaffen?“
2,3 Milliarden Euro Baukosten, 54.000 Led’s, 167.000 Lautsprecher.
© Credit: 2023 by Cory Doctorow is licensed under CC BY 4.0
Er, der Anführer der Band mit den größten, unfassbarsten Stadiontourneen, mit den höchsten Zuschauerrekorden der Musikgeschichte, mit der 360°-Bühne, die Stadionkonzerte neu definierte, fühlte sich plötzlich kleiner als der Veranstaltungsort. Auf einen Knopfdruck hin wurde das innere Rund zu einem kargen Gebirge im Joshua-Park. Als Nächstes standen die vier Iren in den Wellen eines Ozeans. Und im selben Moment schon wieder in den Kanälen von Venedig, und zack, daraus wurde ein schlummernder Hund, groß wie ein Haus. The Sphere spielte mit ihnen.
Und Bono checkte das und bekam in dieser Sekunde die Ungeheuerlichkeit zum ersten Mal in den Griff: ‚Wir müssen zurückspielen! Wir müssen besser spielen als jemals zuvor. Es spielt mit uns, und wir werden mit ihm spielen. Es möchte das!‘ Der Rest der Band atmete durch. Das war ihr Bono! Und natürlich hatte er wieder mal recht.
‚Wir werden ein paar Konzerte brauchen, aber wir werden uns steigern. Damit wir schließlich so groß sind wie das Ding hier selbst.‘
Und genau das passiert gerade in Las Vegas, Nacht für Nacht. U2, die mit den Stones und Coldplay zu den größten Bands der Welt gehört, ist mittlerweile weit gekommen. Vor vier Tagen, nach elf Konzerten, hat die Band dort ihr bislang bestes Konzert gespielt, und man sagt, sie wird noch immer besser.
U2 eröffnen The Sphere: Drehende Plattenspieler-Bühne, gigantischer Screen. © Credit: 2023 by Alfred Hermida is licensed under CC BY 4.0
Und da sind wir schon mitten im zentralen Effekt von The Sphere, im zentralen Anliegen des Weltwunders: Es will uns herausfordern. Es will uns in seiner Grenzenlosigkeit an unsere eigenen Grenzen erinnern. Es will uns ermahnen, dass es diese gibt.
Und dass wir endlich aufhören sollen, vor uns selbst und dem Leben Angst zu haben. Uns klarmachen, dass wir selbst ein Wunder sind, mit unserem grenzenlosen Planeten auf den Schultern: unserem Kopf, mit unserem Gehirn.
Immer wieder, den ganzen Tag lang, verändert die Kugel ihr Erscheinungsbild. Mal Mond, dann Kürbis, dann Kornfeld, dann riesige Pupille und immer wieder ein Smiley in allen nur denkbaren menschlichen Stimmungen. Beim Abschlag am 12. Loch des Las Vegas Golf Courts schaute der 70-jährige Golfer Larry Neswick direkt auf The Sphere. Als das Ding monatelang im Bau war und immer höher wuchs, hatte er sich trotzdem daran gewöhnt. Eine Großbaustelle mehr da unten im Las Vegas-Tal. So what.
Als es dann aber immer höher wurde, schließlich fertig war und an den ersten Testtagen seine Show begann, kriegte er ab Loch 12, dem Punkt am Court, der den Blick auf die Stadt freigibt, gar nichts mehr hin. Er könne nicht abschlagen, wenn ihn dieser ‚Außerirdische‘ da angrinst oder ständig neue Formen annimmt.
Der Las Vegas Golf-Club und sein neuer Freund. © Credit: 2023 by Joey Goldcuts is licensed under CC BY 4.0
Da Larry nicht nur ein emsiger Golfspieler, sondern zugleich auch einer der größten Geldgeber des Clubs war, fasste sich der Vereinsvorsitzende ein Herz und rief bei den Sphere-Betreibern an. Die Antwort war: „Was hätten Sie denn gern?“ Als man die Antwort an den verdutzten Larry weitergab, sagte er recht schnell: „Rasen und Wald.“ Also bekam er Rasen und Wald. The Sphere besorgte sich Larrys Abschlagszeiten, und fortan sieht er an Loch 12 in der Ferne nur Rasen und Wald.
So wie es uns draußen zum Spiel der Möglichkeiten auffordert, tut es The Sphere auch drinnen. Alle Welten, alle Momente, alle Befindlichkeiten, alle Träume – alles, was menschliche Wahrnehmung ausmacht, ist möglich.
Was einem auch immer einfällt, man kann es umsetzen. Und man kann sich inspirieren lassen von den unermesslichen Möglichkeiten, die dieser Ort zusätzlich anbietet. U2 macht das gerade, nach Leibeskräften, und jeder der 18.000 allabendlichen Zuschauer tut es auch. Man wächst miteinander.
18.000 Fans, 4 Musiker, 1 Milliarde Möwen und Fische: U 2 & The Sphere. © 2023 by Dave Stadley is licensed under CC BY 4.0
112 Meter hoch, der höchste Kugelbau der Welt, 54.000 Led-Leuchten,
2,3 Milliarden Euro teuer. Am Anfang, vor sieben Jahren, stand eine einfache Skizze – ein Kreis mit einem Strichmännchen darin. Eine Vision. Und danach harte Arbeit.
24/7 Dauer-Power: die besten Arbeiter und Techniker der Welt bauen The Sphere. © Credit: 2022 by LittleT889 is licensed under CC BY 4.0
Außen ist The Sphere mit 1,2 Millionen LEDs in Hockey-Puck-Größe ausgestattet, programmierbar für alle nur vorstellbaren optischen Effekte.
Der runde Mantel wurde von Kalzip, einer Firma aus Koblenz, in Teamarbeit mit den Traum-Machern Dolan & Dibble gebaut.
Dolan: „Die größte Kugel der Welt ist eine Deutsche!“
Abendspaziergang beim Giganten. © Credit: 2024 by Matt Walter is licensed under CC BY 4.0
Und während U2 noch spielt, bereitet sich der Veranstaltungsort bereits auf seine nächste Zukunft vor: die Vorführung von „Postcard from Earth“, einer Produktion des Filmemachers Darren Aronofsky, in der Sie die Erde für zwei Stunden verlassen werden.
Und dann, mitten am Tag, gehen Sie in einem Diner am Rande von Las Vegas zu Ihrem Auto und werden von der Sphere überragt, die jetzt ein 112 Meter hohes Smiley-Gesicht ist, das Ihnen zuzwinkert.
Good Morning Las Vegas!
Und die Frage kommt in der gleichen Sekunde: Ist das da vielleicht viel mehr als die Summe seiner unfassbaren Innovationen? Ist er eine Postcard from the Universe? Eine erste wirkliche Botschaft von anderen Planeten?
Oder ist das viel mehr eine Botschaft an uns selbst. Sagen wir, die staunen, und die, die mit ihrer Vision, ihrem Können, ihren unglaublichen Fähigkeiten, ihrem Durchhaltevermögen, ihrer Hartnäckigkeit und ihrem Genius für das runde Wunder gesorgt haben, sagen wir alle, dass wir niemals aufhören sollen zu träumen. Dieser so oft ausgerufene und durch die Redundanz manchmal schon profane Appell bekommt mit der Sphere gerade eine so noch nie aufgetretene Kraft. Denn dieses Mal landete der Mond bei uns.
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